Ich habe einen Startplatz für Milano – San Remo!

Dieses Eintagesrennen ist das ultimative Event, ein Radsport Monument, das wohl jedem Velofahrer, ob Hobby, Amateur oder Profi imponiert. Die 297 km von Mailand nach San Remo an einem Tag sind legendär. Dieses Jahr ist es nun endlich für mich so weit, ich bin dabei. Heute wurde mein Startplatz bestätigt.

Ursprünglich wurde Mailand – San Remo als Autorennen 1904 veranstaltet und sollte als Werbung für das Kasino in San Remo dienen. Allerdings erreichten nur zwei Fahrzeuge San Remo, so dass das Rennen drei Jahre später für Radrennfahrer veranstaltet wurde. Nun, 1904 waren die Autos eben noch nicht so zuverlässig wie heute. Das erste Radrennen startete dann am 14. April 1907 mit 33 Radrennfahrer, die mit einem Schnitt von 26 km/h San Remo erreichten. Jeder bekam 5 Lire als Aufwandsentschädigung.

Seit 1970 gibt es auch ein Grand Fondo, so werden Amateurveranstaltungen bezeichnet, die Profirennen nachbilden. Immer, wenn ich die Profis im Fernsehen dieses Rennen fahren sah, spürte ich den Wunsch da mal teilzunehmen. Zumal ich den letzten Teil der Strecke von Genua nach San Remo und darüber hinaus bestens kenne und liebe; es ist einfach toll diese Küstenstraße entlang zu fahren, was nur noch von der Amalftiana von Sorrent nach Salerno übertroffen wird, für mich eine der schönsten Strecken der Welt. Okay, im Norden von Sizilien soll es auch solch atemberaubende Küstenstrecken geben, aber das heben wir uns auf.

In den Jahren 2020 und 2021 ist die Veranstaltung wegen COV19 ausgefallen und nur die Rennen für die Profis fanden statt. Dieses Jahr aber kann ich endlich dabei sein und mein Startplatz ist jetzt bestätigt.

Die Strecke

Sie variiert jedes Jahr um Nuancen, ist aber durchaus noch mit wenigen Abweichungen die originale Route von 1904. Wie immer hierzu die Karte mit der Möglichkeit darin zu navigieren.

Das Höhenprofil ist nun nicht so abschreckend wie Mallorca 312, wenngleich die Presse immer wieder die paar Anstiege dramatisiert. Klar, in einem Rennen werden genau dort die entscheidenden Attacken gesetzt. Richtig rauf geht es eigentlich nur kurz vor Genua und dann kommen eben noch ein paar Rampen.

Wunderschön ist der Abschnitt an der Küste entlang von Genua nach San Remo, den ich schon einige Male gefahren bin. Als Vorbereitung zur Tour 2017 hatte ich – mit meinem kleinen Rucksack – die Strecke von Girona, Spanien die Küste hoch nach Genua und dann weiter zum Lago Maggiore absolviert. Den Abschnitt von Marseille nach Genua habe ich immer noch in guter Erinnerung. Küstenstraßen fahren ist toll.

Startplatz, Organisation und das Drumherum

In Italien kann man nicht so einfach an einem Sport Event teilnehmen, man würde meinen die Deutschen wären pingelig. In Italien braucht man ein ärztliches Attest, eine Haftpflichtversicherung und eine Rennfahrer Lizenz. Letzteres kann man dann für einen Tag kaufen, auch wenn man kein Rennfahrer ist [Italien eben] und falls man keine Versicherung hat, gibt’s die auch für einen Tag. Ich nahm das zum Anlass für eine umfassende Vorsorgeuntersuchung und fragte den Arzt am Ende, woher er wisse, dass ich fit für so ein „Rennen“ bin. Worauf er nur lächelte und meinte, ich werde schon wissen, was ich tue und überreichte mir das Attest.

Für die Organisation meiner Teilnahme entdeckte ich Günther Kulessa (www.milano-sanremo.net), der seit Jahren für deutsche Radsportler das Drumherum (Startplatz, Hotels, Transfer, Gepäck und Transport) organisiert und das wunderbar macht. Man kann das über die offizielle Seite (www.milano-sanremo.org) auch selbst organisieren, aber wenn Günther das so klasse macht, bin ich dabei. Vielen Dank hierzu Günther.

So nehme ich am 4. Juni den Zug via Zürich nach Mailand, checke ein ins Hotel Ripamonti Residence, etwa 20 km südlich vom Zentrum und starte am 5. Juni um 7:00 Morgens mit 5’000 Fahrern aus aller Welt nach San Remo.

Lektionen

Mallorca 312 ist ja einen Monat vor Milano San Remo und ich werde – ganz bestimmt 🙂 – auf dieser Marathon Strecke mit erheblichen Höhenmetern einige Lektionen lernen, was es heißt so eine Herausforderung zu bestehen und das dann verwerten für meine zukünftigen Ziele, eben auch für Milano San Remo.

Motivation oder die Frage „Warum macht man das?“

Stellt sich die Frage wirklich? Leicht anmaßend könnte ich jetzt sagen, weil ich es kann. Meine Wirklichkeit trifft aber eher der laute Ausruf: „Ich will es können“.

Wie schon gesagt, „Wer keine Ziele mehr hat, …“.

Eine Begegnung

Eine kürzliche Begegnung will ich schildern, weil das zum einen außergewöhnlich und doch wirklich öfter zu sehen ist. Ich war auf ersten der ersten längeren Strecken nach dem Winter draußen in einer abgelegenen Gegend im Hinterland des Bodensee unterwegs und traf auf einen Velofahrer, der echt schnell unterwegs war. Meine Trainingseinheit verbot mir eigentlich schneller zu fahren, aber der Velofahrer war so konstant, ruhig, gleichmäßig und in sehr guter Haltung unterwegs, dass er mich interessierte.

Ich schloss auf und rief ihm zu: „Hey, du bist echt schnell unterwegs, top.“ So fuhren wir zusammen im 34 – 38 km/h Bereich und unterhielten uns, so wie das halt üblich ist; also woher kommst du, wohin geht’s und etwas mehr über die Gegend hier. Ich bemerkte dann, dass er doch nicht mehr so jung ist und mein Respekt wuchs, um am Ende zu sagen: „Darf ich dich fragen, wie alt du bist?“ Er wäre vor 2 Wochen 73 geworden, aber er fahre schon sein Leben lang, war seine Antwort und ich war baff. Wir trennten uns freundschaftlich an einer Kreuzung, an der er nach Hause abbiegen musste, aber die Begegnung bleibt mir. Das ist Radfahren!

Ich will der Vollständigkeit halber noch erwähnen, die Begegnung fand auf einem Garmin Segment statt (das sind Streckenabschnitte in der Cloud meines Rad Computers, in der die Zeiten protokolliert werden), dass ich plötzlich, einfach so, um 2:35 min. schneller fuhr als früher – mein Wintertraining wirkt – und ich damit plötzlich auf Platz 5 von mehr als 120 Teilnehmern aller Altersgruppen bin, yeah! Und das in Begleitung eines 73 jährigen, WOW, das ist Radfahren.

Hier die Rangliste des erwähntem Segments aus der Garmin Cloud vom 30. März 2022:

Schätze, das beantwortet die Frage nach dem Warum.

Es geht darum jung zu sterben und das so spät wie möglich.“

Nina Ruge

3 Wochen Abschlusstraining

Philipp, mein Trainer, hat für diese letzte Phase noch hochintensives VO2max Training programmiert. Hier ist jede Einheit wirklich fordernd und nicht ohne Grund folgt darauf ein Ruhetag. Leider macht mir das Wetter einen Strich durch die Planung, mit dem erneutem Wintereinbruch mit Kälte, Regen und sogar Schnee sind lange Ausdauerfahrten nicht möglich, so absolviere ich die wieder auf meinem „Hometrainer“ die Strecken auf Zwift.

eine Trainingseinheit auf Zwift

Werde aber jede Wetterbesserung für Ausdauereinheiten draußen nutzen. Die letzten Tage vor Mallorca 312 fahre ich dann mit Gleichgesinnten auf der Insel leichte, längere Ausdauerrunden ohne Belastungen, so dass ich ausgeruht und frisch an den Start gehen kann.

Am Samstag, 23 April geht es dann ab nach Mallorca, die erste Herausforderung des Jahres 2022 zu bestehen.

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