Ich hab’s gemacht und es war großartig! So ein Radsportfestival habe ich noch nicht erlebt, ein bleibendes Erlebnis und ein Grund wieder zu kommen. Einigermaßen erholt und ausgeschlafen, kann ich nun erzählen wie’s war.

All die Vorbereitung und Investitionen waren es mehr als wert. “Zum Weinen schön” war es, auf den abgesperrten Küstenstraßen hoch über dem Meer fahren und dabei diese Landschaften genießen. Wer die Amalfitana kennt – die Küstenstraße südlich Neapels von Sorrent nach Salerno – der stimmt mir sicher zu, das ist eine Amalfitana II.

Samstag, 30 April – 8’000 Supersapiens am Start

In der Tat waren 8’000 Teilnehmer gemeldet und die rollten wirklich ab 6:00 Uhr an den Start und warteten bei etwa 11 Grad bis es um 6:30 Uhr losging. Ein Schuss und die Menge setzte sich in Bewegung. Erstaunlich ruhig und stetig, ohne Rempeln fuhren wir dann die etwa 20 km bis zum ersten Anstieg, an dem sich naturgemäß die Blöcke auflösen, so sind die 85 kg Fahrer in der gelben Jacke dann halt am rechten Straßenrad unterwegs und bewundern die 60 kg Flöhe, wie die einen Berg hinauf fahren können. 🙂

Aber so schlimm war das gar nicht, die Anstiege hatten im Durchschnitt etwa 5,3 %, ohne steile Rampen. So ging es die ersten 52 km bis zur Spitze auf 899 m und dann kam eine unvergessliche Abfahrt.

An diesem Morgen hatte ich ein Glücksgefühl wie selten, es war unglaublich schön da oben herumzufahren. Wie schon gesagt, waren diese Küstenstraßen eine Amalfitana II. Die Abfahrten ohne Gegenverkehr ein einziger Genuss.

Und so ging das dann die ersten 150 km rauf, runter, rauf, runter, Verpflegungsstelle, rauf, runter, …

Bis wir in der Nähe von Palma in den Süden kamen und sich die Strecke mehr ins Innere der Insel verlagerte. Hier fand ich nach der Verpflegungsstelle eine Gruppe die gut funktionierte, was etwa 60 km lang hielt, dann aber aufgrund von Stürzen, engen und spitzen Kehren auseinander flog.

Diese Abfahrten, das muss man mal erlebt haben, da rollst du runter und innerlich jubeln alle Sinne. Die waren der Hammer, denn wir waren ja auf abgesperrten Straßen unterwegs, man konnte frei laufen lassen. Wenn ich von den Abfahrten in den Pyrenäen immer schwärmte, war das noch eines oben drauf und es ging richtig runter, schaut euch das Foto unten an.

Impressionen aus den Bergen

Gleich vorne weg, hier die Daten aus meiner Garmin Aufzeichnung. Wie man leicht erkennt fehlen etwa 55 km auf die M312, aber dazu kommen wir noch.

Nach etwa 200 km hatte ich echt einen großen Durchhänger, obwohl ich mich streng an mein Ernährungskonzept mit 75 g Kohlenhydrate pro Stunde gehalten hatte. In solchen Momenten schwindet einem jede Motivation aus den Gliedern, aber 2 Ultra Energy Gels hintereinander brachten mich nach einigen Minuten wieder zurück und ich schöpfte neue Zuversicht die Strecke zu beenden; was denn sonst, dafür bin ich doch hier.

Ich meinte noch, nach 150 km sei ich aus dem Gröbsten raus, die Berge sind gefahren und ich rolle wellig dahin. Eben nicht, wie mich ein Velo Freund vorher warnte:

Die letzten 30 km ab Arta sind tatsächlich flach und easy. Aber die Strecke davor, ab Abzweiger km 220 bis nach Arta sieht auf dem Profil zwar flach aus, ist jedoch super giftig. Viele kleine Rampen und Richtungsänderungen auf engen Feldwegen, finde ich persönlich um einiges anspruchsvoller als die ersten 100 km!

Patric

Wie recht er hatte. Das waren wirklich anstrengende Passagen. Du fährst um die Ecke und plötzlich steht da so eine Rampe vor dir, wo es 10 % rauf geht und das geschieht dauernd mit 8 – 12% Anstiegen, aber auch mal 14 %, runterrollen, etwas flach dahin und wieder rauf. Super giftig ist schon die treffende Beschreibung.

Impressionen aus dem Landesinnerem

Aber auch das lag irgendwann hinter mir und ich erreiche Arta. Hier ist die letzte Verpflegungsstelle am Dorfplatz, mit einer großer Party und echt lauter Musik, die man schon von Weitem hört, das Dorf feiert die Fahrer. Und da stand es dann, ein eisgekühltes Bier! Inzwischen war es in der Sonne um die 30 Grad geworden und ein Bier hätte echt gezischt. Mit der Sorge um die letzten noch offenen 30 km ins Ziel entschied ich mich wieder für 2 Dosen Radler-Doping, Coca Cola.

Die letzten 30 km ins Ziel nach Muro waren dann wirklich leicht. Wenngleich mir die Anstrengung deutlich anzusehen ist, wie die Fotos des Zielfotographen zeigen und ich war dann auch froh endlich da zu sein.

Das wars, ein wunderschöner Tag, perfektes Wetter, kein Wind und echt viele coole Leute.

Aber wo sind nun die 55 km?

Im Nachhinein wird schnell klar, wo der Fehler geschah. Patric meinte anschließend noch, das sei eine interessante Mischung aus der 167 km und der 312 km Strecke.

Wie hier leicht zu sehen ist, bin ich bei Esporles falsch abgebogen und folgte somit der 167 km Streckenführung. Kann mich nicht erinnern, irgendwo ein Schild, eine Markierung oder dergleichen gesehen zu haben. Ich weiß aber noch, das ich an dieser Verpflegungsstelle anhielt, Wasser nachfüllte, eine Cola trank, gleich weiterfuhr und mich freute in einer gut funktionierenden Gruppe zu sein. Jetzt ist natürlich klar, diese Gruppe war die falsche, sie wollten die 167 km Strecke fahren und so verpasste ich die Schleife nach Antrax, sowie die dortige Verpflegungsstelle und deren Zeitmessung und damit bin ich auch in der Wertung nicht zu finden.


Die Tage vorher

In der Vorbereitung besprach ich mich noch meinem Trainer, er hatte ja nun über 25 Wochen Einblick in meine Daten und meldete sich kurz vorher noch mit den montierenden Worten:

Hallo Roland – Wie waren die beiden längeren Touren, die letzte Woche möglich waren? Die durchschnittliche Intensität war sehr, sehr gut! 0.8 IF und mehr für 3 Stunden. Da ist aerob bei dir schon wieder was passiert! Die E-Biker können sich warm anziehen 😉 Bin sehr zuversichtlich für M312 und darüber hinaus.

Philipp

Das Camp

Dann ging’s eine Woche vor dem Start ab nach Palma in ein Camp, die alles für mich organisierten, so dass ich nur noch fahren musste. Was mir vorher nicht so klar war, Arnold’s Champions Training Camp war zur Hälfte von Österreichern und Bayern besucht, was für mich im Sinne von Verständigung, aber vor allem des trockenen Humors wegen, ein schon lange nicht mehr erlebtes Heimspiel war. Kann berichten, dass mancher fast vom Rad gefallen wäre, als er sich den Bauch vor Lachen halten musste. Diese Woche war derart kurios und witzig wie selten und hat echt Spaß gemacht.

Arnold’s Crew hat also alles organisiert und auch ein paar Radtouren angeboten, die ich mitgefahren bin. Außer eine 220 km Tour 3 Tage vor dem Event, hier hatte ich Bedenken nicht vollständig zu regenerieren, denn ich wollte ja ausgeruht und frisch auf die Strecke am Samstag gehen und Philipp hat mir streng verboten auf Palma noch lange Ausfahrten zu unternehmen. So nahm ich mein Rad und begab mich auf ausgiebige Sightseeing Ausflüge.

Am Donnerstag fuhren wir dann gemeinsam eine leichte Trainingsrunde nach Muro, im Norden der Insel, unsere Startnummern abholen und bekamen einen ersten Eindruck was uns am Samstag erwartet. Hier ein Foto im Ziel mit allen Teilnehmern des Camps und deren Guides.

Überall Supersapiens Werbung, was soll das sein?

Supersapiens ist ein Unternehmen, dass sich auf individuelle Ernährungskompetenz spezialisiert hat. Es analysieren Athleten welche Ernährungsformen, Prioritäten und individuelle Besonderheiten für sie entscheidend sind und liefern dazu die Beratung, Betreuung und Produkte; natürlich hochtechnisiert, wie könnte es auch heute anders sein. Ziel ist es den Körper des Sportlers in jeder Belastungssequenz optimal mit Brennstoff zu versorgen und das in Echtzeit zu überwachen.

Ich fand den Namen „Supersapiens“ einfach genial, er taucht an diesem Event überall sehr prominent auf.

Für mich blieb hängen, alle Teilnehmer sind Supersapiens.

Freitag, der Tag vorher

Hier der Plan vom Veranstalter:

Jetzt bloß nichts anstrengendes machen und so viel essen, wie möglich, war am Vortag die Devise.

Als dann der Plan für den Samstag kam, wurde jedem klar, es wird nun ernst und hoffentlich kann ich schlafen, wenn ich schon um 3:30 aufstehen muss.

Philipp hatte noch eine kleine Trainingseinheit mit ein paar Belastungen als Sprints vorgegeben und ansonsten leicht dahinfahren. So fuhr ich anschließend nochmal in die historische Innenstadt von Palma, wer weiß ob und wann ich da nochmal hin komme.

Wetter

Die 11 Grad am Morgen stiegen untertags auf schöne 26 Grad, in der Sonne später deutlich mehr und der Vortags zum teil heftige Wind legte sich komplett. Der Fahrer in der gelben Jacke hatte diese dann endlich abgelegt und natürlich wie immer die Sonnencreme vergessen. Das war allerdings das letzte an was ich dachte.

Organisation

Perfekt! An jeder Einmündung stand ein Volontier, der aufpasste, dass kein Auto, Moped, etc. auf die Strecke kam. Nur einige Katzen interessierte das nicht wirklich. Ich sah an einigen Stellen sogar Besen, was mich darauf schließen ließ, dass die Kurven vom Sand befreit wurden. An den größeren Verkehrspunkten und Kreuzungen stand immer Polizei und sperrte den Verkehr.

Vor allem Morgens in den Bergen sah ich viele Ambulanzen bereit stehen oder mit Sirene von hinten kommend gestrauchelte Fahrer aufsammeln. Größere Unfälle sind mir nicht bekannt, aber wie mein Ex-Kollege Oliver sagen würde: “Ein paar zerbröselts immer”.

Einziges die schlecht ausgewiesenen Streckenabzweigungen empfand nicht nur ich als Manko der Organisation. Irgendwann wusste ich nicht mehr auf welcher Strecke bin ich jetzt.

Verpflegung

Etwa alle 50 km gab es eine Verpflegungsstation mit einem Tanklaster voll Wasser, Kühlschränke voller Coca Cola und Eis, sowie Riegel, Gels, Obst, Früchte, Kuchen etc. – aber keine Wurstsemmeln 🙂

Ich hatte ja meinen Verpflegungsplan vorher definiert und für jede Stunde meine 75 g Kohlenhydrate dabei, so langte ich immer nur bei Wasser und Cola zu.

Bei der Menge an Fahrern würde man erwarten, dass an diesen Punkten das absolute Chaos herrscht und das war auch so. Jedoch nahm die Anzahl an Ankömmlingen bei jeder weiteren Stelle erheblich ab; an meiner vorletzten Stelle sah ich noch etwa 15 Fahrer, in Arta natürlich mehr.

Disziplin und Kultur

Bei 8’000 Teilnehmern hatte ich gedacht, es gehe rüde und ruppig zu. Keineswegs, überholt wurde mit Ansagen, keinerlei Berührungen, in Gruppen wurde ich wie selbstverständlich reingelassen – wenn ich mithalten konnte – und an den Engstellen ging es vorsichtig zur Sache, man lies Vortritt.

Meine Mitstreiter aus dem Camp

Fazit

Mallorca 312, war ein unvergessliches Erlebnis, alle Investitionen haben sich in jeder Hinsicht gelohnt.

Früher dachte ich immer, wenn die alle nach Mallorca fahren und dort tausende von Radfahrern unterwegs sind, muss ich nicht auch noch dabei sein und zog Süditalien immer vor. Heute bin ich wirklich froh, dass mich Patric durch seine Berichte dazu motivierte hier teilzunehmen. Es war absolut klasse.

Auch die Woche vorher in Arnold’s Champions Training waren eine Bereicherung mit tollen Leuten. Mit seinen Guides, Peter und Gerhard müsst ich mal 2 Wochen fahren, das wäre eine andere Vorbereitung.

Und die fehlenden 55 km sind ja eigentlich ein Grund wieder zu kommen.

Auf bald, Roland.

PS:

Für die das Intro verpasst haben

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