Einen Besuch bei meiner Mom in meiner alten Heimat verbinde ich mit der Teilnahme an einer Traditionsveranstaltung, die Rundfahrt in den Bayrischen Wald zum höchsten Berg in Ostbayern und zurück nach Regensburg. Das passt ja auch ganz gut zu meinen diesjährigen Eintagesveranstaltungen.

Den Arber Radmarathon gibt es schon seit 37 Jahren, er startete im Jahr 1984, als ich Regensburg Richtung TU Berlin verlies. Dies Jahr ist es die 38. Ausgabe. Eine Veranstaltung, die wie immer klein, mit ein paar Teilnehmer aus dem Regensburger Veloclub begann, Jahr für Jahr größer wurde und nun zu einer Großveranstaltung mit mehreren Tausend Teilnehmern, vielen Streckenvarianten und Festcharakter in der Stadt geworden ist. Hier gibt’s für jeden Radler vom Freizeitsportler, Familien zu ambitionierten Amateur alles und jede Variante, nämlich Strecken der Länge von 58 km, 100 km, 125, 170 km und 250 km mit den entsprechenden Höhenmetern.

Die große Arberrunde

Nach Mallorca 312 und Milano Sanremo ist die große Runde in diesem Jahr 2022 natürlich meine Strecke, die 250 km und 3600 Höhenmeter mit dem Arber als höchstes und östliches Ziel der Rundfahrt.

Unten wieder die OpenStreetMap Karte mit der Funktion darin zu navigieren, inzwischen wisst ihr ja, wie’s geht.

Das Höhenprofil sieht wie eine gewöhnliche anspruchsvolle Strecke aus. Eigentlich geht’s nur 3 Mal heftig nach oben, aber nun eben auch keine 2000+ Meter, sondern nur auf 900 – 1200. Das heißt aber nichts, den die Addition der Höhenmeter des Tages definiert die Anstrengung. Insofern ist das natürlich anspruchsvoll.

Der Morgen

Kurz vor 6:00 Morgens stand ich dann also mit etwa 300-350 Teilnehmer, die sich für die große Runde entschieden haben am Festplatz in Regensburg. Insgesamt sollten es für alle Strecken ca. 4300 Teilnehmer gewesen sein, die am Event teilgenommen haben.

Wie eigentlich immer ging es nach dem Startschuss um 6:00 sofort streng los, wie wenn es ein Rennen wäre und wir nur 60 km fahren sollten. Also dann mit 45-48 km/h über die von der Polizei abgesperrten Straßen Richtung nördliches Ostbayern. Klar zerfiel dieses schnelle Peloton an den ersten Anstiegen in Gruppen nach bis hinein nach Cham zur ersten Verpflegungsstelle, die ich ausließ, hatte noch genügend Wasser und meine Nahrungsplan mit meinen mitgenommenen Tuben einen Stopp noch nicht nötig machte.

Nun begann es ständig Auf und Ab zu gehen und wir kamen in den bergigen Teil des Bayerischen Waldes hinein an dem große und längere Anstiege bis auf 900 – 1200 m auf uns warteten. Die waren jedoch durchschnittlich um die 7% und damit nicht so schwer. Nun war es ja auch Sonntag Vormittag an dem der Bayer ja eh in die Kirche und anschließend ins Wirtshaus geht. Die Straßen waren also in der Tat fast autofrei und wir konnten in den Abfahrten freien Lauf lassen. Wenngleich mir da immer durch den Kopf schießt, dass auch mal ein Reifen platzen kann und mit 70 km/h bremse ich das dann nicht mehr. So bin ich dann doch vernünftig und drossle auf 50 km/h, weil ich mir einbilde das noch zu bremsen. Ob das allerdings zutrifft will ich doch lieber nicht ausprobieren.

Die Teilnehmer

Was mir sehr gut gefallen hat, die Startnummern tragen den Namen des Teilnehmers und sogar die nachgemeldeten Fahrer hinterließen ihren Vornamen handschriftlich darauf. Das hatte echt nette kommunikative Auswirkungen, in dem plötzlich einer schräg neben mir fragt: “Hey Roland, wo kommst du her? Und schon war eine Unterhaltung begonnen. Der nächste spricht mich an einem 11% Berg an: “Roland, weißt du eigentlich noch warum wir das immer wieder machen? Und schon war der Berg wenigstens für eine Weile Nebensache.

Den Vogel aber abgeschossen hat aber eine 6er Gruppe (2 Frauen & 4 Männer), die sich offensichtlich kannten und sich dauernd Kochrezepte austauschend unterhielten. Als sie an mich heran fuhren, sagte ich: “Ihr seid ja lustig. Man hört euch schon von Weitem und ich falle vor Lachen fast vom Rad.” und schon war ich Mitglied der Gruppe und musste mein bestes Rezept preisgeben und erklären warum diese Zubereitung so speziell ist und das wieder bei 8% bergauf.

Das sind jetzt nur ein paar Beispiele wie kommunikativ der Tag verlaufen ist. Alles in Allem waren wieder nette Leute unterwegs, denen es sichtlich Freude bereitete diesen Tag zu teilen, dieses gemeinsame unterwegs sein.

Organisation, Unterstützung und Betreuung

Insgesamt sagen die Berichte seien keine wesentlichen Unfälle oder Stürze vorgekommen, bis auf einen Fahrer, der wohl so schwer gestürzt ist, dass er reanimiert werden musste, aber dann aus dem Krankenhaus Entwarnung gegeben wurde.

Trotzdem die Straßen für den normalen Verkehr nicht abgesperrt oder umgelenkt wurde, verstand es die Polizei und deren Helfern doch den Teilnehmern Vorrang zu bieten und gefährliche Stellen weit vorher markieren und entschärfen. Es sind auch in den verschiedenen Abschnitten immer wieder Mechaniker Fahrzeuge hin und her gefahren. Die jedoch so gut wie nichts zu tun hatten. Ich habe auf den 247 km keinen einzigen Fahrer mit einem Defekt am Straßenrand gesehen. Das ist auch selten. Oder ist das Material so gut geworden?

In der Rückschau waren die Orte der Verpflegungsstationen strategisch gut platziert, als Orte für eine Pause nach einer größeren Anstrengung.

Die letzten Berge

An eben so einem Ort fragte ich dann einen erfahrenen Teilnehmer mit Trikot des Regensburger Veloclub, wie es nun weitergeht. “Jetzt wird’s noch einmal schwer, erst mal runter nach Grün und dann geht’s 13-15% nach oben”. So ging es dann in der Tat weiter und ich kam an dem Ort vorbei, an dem ich mit meinem Vater vor mehr als 40 Jahren Skifahren lernte.

Ja, die letzten Höhenmeter waren dann doch noch herausfordern und ich war mit ein paar Männern unterwegs, die eben auch nicht so schnell da hoch kommen. Unterwegs konnte ich dann sagen: “Weißt Martin, bei der nächsten Verpflegungsstelle gibt es Freibier, das weiß ich noch als ich vor 10 Jahren schon mal hier war”. Martin gab Gas, um dann zu rufen: “Na ja, ich bleib lieber bei euch, dann trinken wir zusammen.”

Die letzte Verpflegungsstelle

In der Tat gab es Freibier und wir hatten nun die Höhenmeter hinter uns und waren schon 203 km unterwegs. Also nicht mehr weit, so kam dann auch etwas wie Biergarten Atmosphäre auf. Es wurde gelacht, gegessen und Bier oder Radler getrunken, die zurückliegenden Phasen und Streckenabschnitte besprochen, die unterwegs lustigen Begegnungen erzählt, alles in allem eine schöne lockere Atmosphäre.

Ich habe dann doch wieder nur eine Limonade getrunken und fuhr dann meinem Einbruch entgegen.

Die letzten 40 km nach Regensburg

Von der letzten Verpflegungstelle nach Regensburg geht es flach dahin und sind nur noch 40 km. Das fahre ich in der Gruppe in 1 h, alleine ca. 1:30 h, an diesem Tag brauchte ich mehr als 2 h, denn es kam (1) heftiger Gegenwind auf, in dem ich mit ca. 17 km/h dahin geschlichen bin und (2) bekam ich Magenkrämpfe, wie ich es noch nie erlebte, und es mir auch unmöglich machte mich einer Gruppe anzuschließen. Konnte deren Tempo einfach nicht halten.

Mit immer wieder kleinen Schlückchen Wasser und Wasser nachkaufen an der Tankstelle, versuchte ich mich davon zu befreien und war nach ca. 1h auch endlich die Krämpfe los. Der Wind aber blieb bis ich in die Stadt kam. Im Nachhinein muss es wohl eine Dehydrierung gewesen sein.

Am Ende …

… kam ich dann doch ziemlich fertig im Ziel an und wurde von Natalie empfangen, die mich sorgenvoll ansah. Der Tag hat mich echt geschafft und ich brauchte etwa eine 1/2 Stunde, um wieder zu mir zu kommen. Mallorca war irgendwie auch hart, aber nicht so. Eine Pyrenäenetappe zum Zielort Peyragudes bei der Tour 2017 waren 4600 Höhenmeter und 190 km und da kam ich anders an, okay, ist auch schon 5 Jahre her und ich war 2 kg leichter. Aber der Arber Marathon hat mich geschafft an diesem Sonntag, muss ich offen so zugeben.

Radfahren ist Abendteuer, man weiß nie was passiert.

Jörg Jaksche

Hier noch die Daten aus meinem Garmin aus Strava. Ihr wisst ja, wenn es nicht auf Strava ist, hat es nicht stattgefunden.

Auf bald

Roland

PS:

Ein Besuch in Regensburg lohnt ich besonders im Sommer, wenn sich in der Stadt ihr fast schon legendäres Italienisches Flair entfaltet. Castra Regina, Regensburgs römischer Name, wird nicht umsonst die nördlichste Stadt Italiens genannt.

Falls sich jemand für einen Besuch entscheidet, empfehle ich euch unbedingt im Hotel Orphee zu nächtigen, es ist von Charme und Exklusivität nicht zu überbieten und liegt mitten in der Altstadt und die Zimmer sind individuell wunderbar.